Verena Billinger & Sebastian Schulz

Wer würde einen Frosch küssen? Und wer würde gerne sehen wie jemand einen Frosch küsst? Küsse sind meist Zeichen der Zuneigung. Man gibt sich ganz und gar hin und will nicht gerade in diesem heiligen Moment innigster Innigkeit von einer Horde Affen gestört werden. Was würde man als Küsser sonst noch empfinden? Was empfindet man denn als Beobachter? Scham, oder auch nicht. Voyeurismus, oder nur ein unschuldiger Blick. Verena Billinger und Sebastian Schulz laden zu einem ROMANTIC AFTERNOON* ein.

 

 

 

 

Review: ROMANTIC AFTERNOON*

 

Endlich ist es soweit. Der lang ersehnte Tag ist gekommen. Man schwelgt auf Wolke Sieben und kann sich kaum mehr halten. Es kribbelt denn es ist ein romantischer Abend wie er im Buche steht. Da sind ein großer Saal, sich küssende Personen, grelles Scheinwerferlicht, und fünfzig Zuschauer. Genau genommen sind es sechs sich küssende Personen und eine Gruppe ausgewachsener Voyeure. Jaja, man liest schon richtig. Wir sind im Theater und nicht in der „Ristorante“ Pizza Werbung.

 

Kuss. Kuss. Kuss. Kuss.

 

Erm. Ja. Räusper. Diese Vorstellung ist etwas schwer in Worte zu fassen. Nein, eigentlich ist sie leicht in Worte zu fassen. Was an besagtem Abend also geschah: Ein Saal, Scheinwerfer, Publikum, sechs Personen, keine Musik. Drei Mädchen und drei Jungen. Sie küssen sich. Sie küssen sich. Sie küssen sich wieder. Dann küsst sie ihn. Er sie. Er ihn. Er sie. Sie sie. Jeder küsst jeden. Sie bilden zwei Gruppen zu je dreien und sie küssen sich. Sie sitzt auf seiner Schulter. Kuss. Er kriecht zwischen die beiden. Sie küssen sich ununterbrochen. Sie wechseln ihre Jacken. Kuss. Sie tauschen ihre Hosen. Kuss. Sie rollen über einander. Kuss. Kuss. Kuss. Kuss. Er drückt sie an die Wand. Sie zerkratzt ihm den Rücken. Er nimmt seinen Kopf in beide Hände. Kuss. Und was für ein Kuss. Ein Kuss erfüllt von solch Heftigkeit, dass er einem durch Mark und Bein fährt. Kuss. Nackenküsse. Schulterküsse. Küss die Füße. Erfüllte Küsse. Zaghafte Küsse. Plötzlich sind alle still und jeder ist für sich allein. Sie küssen wieder. Aber wo. Sie küssen die Luft. Ein Luftkuss. Frische Küsse. Deftige Küsse. Luftige Küsse. Sperrige Küsse. Ein Zerstreuungstanz und Ende.

 

Langer Rede, kurzer Sinn

 

Um es kurz zu fassen. In ROMANTIC AFTERNOON* wird jede Menge Speichel ausgetauscht. Die Performance besteht ausschließlich aus Küssen. Nach dem Motto „Lange Rede, kurzer Sinn“ kommen hier die Künstler gleich zur Sache und zeigen uns einen romantischen Abend der etwas anderen Art. Man selbst sitzt im Publikum und schaut hin. Unbesonnen, unverschämt und geradeheraus. Manchmal ertappt man sich sogar beim Starren. Aber nur solange bis das Licht auf einmal auch die Zuschauertribüne erleuchtet und man die Augenlider senken muss. Irgendwie seltsam, wie sich die Leute da so küssen. Man unterdrückt ein herzhaftes Niesen. Man lächelt und empfindet vergangene Küsse wieder. Man weiß nicht recht was man damit anfangen soll und blickt auf die Uhr. Man ist genervt und setzt sich diesem ungehobelten Schmatzen aus. Eine ganze Stunde dauert es noch.

 

Theaterbühnen und andere Bühnen

 

Küssen tut doch jeder. Nur nicht auf der Bühne. Oder vielleicht doch? Um welche Bühne geht es hier denn überhaupt? Es gibt ja Theaterbühnen und andere Bühnen. Und tauschen wir manchmal vielleicht nicht doch Küsse und Intimität aus ohne recht zu merken, wer uns aller dabei zusieht? Vor lauter Küssen wird einem ja ganz schummrig. Kein Wunder wenn einem da die Frischluft ausgeht.

 

 

 

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